Bucht /*1

»Klippen
Im flotten Trab preschte der Rappe durch das Wasser, auch hier hin war ihm die Dunkelheit gefolgt, wenn auch nun natürlicher als vor wenigen Momenten, oben auf der Klippe. Sie war nun durchdringender und schwärzer und legte sich wohlig kalt auf sein dunkles Fell. Er drehte sich um, in die Richtung aus der er gekommen war und hielt mit gespitzten Ohren Ausschau nach der Stute, bis er endlich ihre dumpfen Hufschläge auf dem Sand hörte. Währen sein glitzernden Augen nicht, würde sie ihn in der Dunkelheit kaum erkennen.

»Vorsicht, vorsicht!«, er lachte ein wenig, als sie plötzlich direkt vor ihm stand. »Nun meine Dame, es ist abends, sehr spät abends, wenn ich das bemerken darf. Die Sonne ist bereits unter gegangen und die Nacht eingebrochen. Hier draußen am Meer wird es sehr dunkel.« So wie über all dort, wo er sich bewegte. Er vergeudete keinen Blick zum Himmel, ein Stern würde niemand hier zu Gesicht bekommen.

»Hm? Ich habe lediglich deine Frage beantwortet«, kam er zurück, sein Ton klang ein wenig verwirrt. Er trat einen Schritt zurück, aber nur so, dass sie ihn auch weiterhin gut sehen konnte. »Ich habe erklärt, dass es hier draußen natürlich früh dunkel wird. Im Wald natürlich noch schneller, nun ja.«

Der Rappe blinzelte kurz überrascht - ausnahmsweise ließ er sich ein Gefühl anmerken. Echte Überraschung durchzuckte ihn, wie hatte sie das gemerkt? Dann lachte er laut auf. »Bitte? Na, das ist ja mal ein Kompliment - ich nehme das jetzt einfach mal so hin. Kann es sein das Ihr ein wenig müde seid, die Dame?« Hohn blitzte in seinen Augen auf

Leicht zuckte der Hengst zusammen, darauf war der Nachtschatten nicht vorbereitet, auf diese unausweichliche und plötzliche Nähe.
»Ich, nein, natürlich nicht.« In Wahrheit wurde er grade erst aktiv. Er spürte Blicke im Rücken, doch er drehte sich nicht um, er wusste wer dort in der Dunkelheit zwischen den Bäumen wartete, und sie und ihn beobachtete. »Allerdings wäre es für Euch vielleicht wirklich besser, sich hinzulegen.«

Der Schatten reagierte nicht mehr auf die freundliche Geste, als das er hier den Hals ein wenig zuneigte.
»Nun ja, ich habe mehr als den halben Tag geschlafen, du, vermute ich, nicht. So wäre es für dich wohl besser, wenn du die Nacht nutzt und dich ausruhst.«

»Worin solltest du dich falsch verhalten haben?« Der Rappe verstand nicht, worum ging es der Scheckin hier der überhaupt? »Ich habe dir einen Vorschlag gemacht, ob du ihn annimmst oder nicht, bleibt allein dir überlassen. Da gibt es kein falsches Verhalten, wenn es auch ratsam wäre, wenn du ihn befolgt.«

»Wie du willst, aber ich verspreche nichts«, murmelte er, wandte sich von ihr ab und trat langsam ins Wasser. Die Dunkelheit lichtete sich ein wenig und ein paar Sterne blitzen kurz auf, bevor sich dichter Nebel über das Wasser schob. Ein leises Knurren singnalisierte, dass weder der Hengst noch die Stute allein waren.

Er stand versteckt im Unterholz, nicht sichtbar für jeden, der mehr als fünf Meter Abstand zu ihm hatte. Seine eisigen Augen beobachteten das Geschehen in der Bucht. Die Scheckin war erwacht und ein anderer Rappe war zu ihr getreten, sie schienen sich zu kennen. Neben ihm erhob sich ein tiefes, grollendes Knurren. Er stimmte nur kurz mit ein. »Halte dich verdeckt.« Mit diesen Worten trat er aus dem Gestrüpp und sobald das Sonnenlicht sein Gesicht berührte, verschwand die tödliche Kälte daraus. Er ging mit zügigen, kraftvollen Schritten zu Lajana und stellte sich wie selbstverständlich neben sie, blickte dem Rappen aber fest in die Augen. »Guten Morgen.«